Aktion / Bericht
Münchner S-Bahn: Zweiten Tunnel graben oder Netz verstärken?
Vortragsabend
Auch unter Rückgriff auf Analysen und Ausbaupläne aus den ersten Jahren ihres Erfolgs referierte Matthias Hintzen beim Echinger Huberwirt über die Münchner S-Bahn. Als ein Trauerspiel nahm er - und vermutlich auch einige unter den rund zwanzig Zuhörern aus Unterschleißheim, Neufahrn und Eching - die letzten zehn Jahre wahr. Dank Flughafen-Transrapid und zweiter Stammstrecke herrsche der Stillstand. Ohne 'bedarfsgerecht verfasste' Gutachten und Prestige, das offensichtlich in Milliardenprojekte lockt, wäre auch das Tunnelvorhaben längst vom Tisch.
So kranke der S-Bahnbetrieb weiter an gut bekannten Engstellen im Schienennetz. Als Beispiel nannte der Experte vom Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr des Münchner Forums die Strecke München - Freising. Schon die Deutsche Bundesbahn dachte zu ihrer Zeit der S1 bis Oberschleißheim eigene Gleise zu. Zu befahren sind sie nach wie vor nicht. Des weiteren fehlen laut Matthias Hintzen im Münchner Osten nur wenige Kilometer einer Kehre, um Güterzüge aus Österreich und Italien zum Rangierbahnhof zu führen. Stattdessen sehen diese Züge Giesing und Sendling, um schließlich Kurs auf Allach im Norden zu nehmen. Dabei belegt wird allerdings eine Trasse, die für den Personenverkehr höchst interessant wäre, der Südring. Seinen Ausbau als zweiten Weg für S-Bahnen zwischen Ostbahnhof und Laim favorisierte der Referent klar. Denn anders als beim Tunnel unter der Innenstadt würden neue Umsteigepunkte geschaffen; am Kolumbusplatz zu U2 und U1, an der Poccistraße zu U3 und U6.
Dagegen riskieren die Planer des Stammstreckentunnels, dass am Ende jeder Fahrgast unter dem 'Projekterfolg', nämlich künstlich ins Zentrum geholtem Verkehr, leiden wird. Die wenigen Haltepunkte, speziell Hauptbahnhof und Marienhof, werden die Umsteiger kaum fassen; obwohl lange Schächte sowie ein Treppauf und Treppab die aus Zügen kommenden Schwärme puffern sollen.
Hintzen hofft im Münchner Rathaus auf jemanden mit dem Mut zu gestehen, dass die zweite Röhre eine Fehlplanung darstellt. Ihn enttäuscht auch das Referat für Stadtentwicklung, weil es den Akzent, den eine S-Bahn auf dem Südring setzen wird, noch nicht erkannt hat. Im Sinne der Pendler erlaube erst der Verzicht auf den Milliarden teuren Tunnel Effektiveres: Eigene S-Bahn-Gleise auf den am stärksten frequentierten Außenästen und damit höhere Pünktlichkeit und einen dichteren Takt.